Posts von Taylor Swift und Heino. Knapp 70 Millionen Amerikaner haben das Duell zwischen Donald Trump und Kamala Harris im Fernsehen verfolgt. Aber 170 Millionen müssen sich am Wahltag entscheiden, wem sie ihre Stimme geben sollen. Wo informieren sie sich? Zum nicht geringen Teil vermutlich in sozialen Medien. Taylor Swift hat allein auf Instagram 284 Millionen Follower. Ihre Wahlempfehlung für Kamala Harris haben dort bis heute mehr als 11 Millionen Menschen geliked, nicht nur aus den USA, auch einige meiner deutschen Freunde konnte ich auf der Liste entdecken.
Bilden sich die Wählerinnen und Wähler in den USA wirklich ihre Meinung bei Pop-Stars und Social-Media-Influencer*innen? Es scheint so. Jedenfalls werden die Stimmungskanonen der sozialen Medien von den Wahlkampfstrategen hofiert wie früher die Edelfedern der New York Times und von CNN. Letztere wurden zuletzt bei Kamala Harris auf Klappstühle ins Nebenzimmer verbannt, während Influencer ab 50.000 Follower mit ihr in den Wahlkampf-Flieger steigen durften. Entsprechend ersetzen seichte Home-Stories immer häufiger die seriösen Interviews.
Das alles macht etwas mit unserer Demokratie. Diese Entpolitisierung der Meinungsbildung ist auf lange Sicht mindestens so gefährlich wie die Enttabuisierung antidemokratischer Ideologien.
In Deutschland gibt es keine Taylor Swift. In Deutschland schwärmt Heino seinen 24.500 Followern auf Instagram von Trump vor und empfiehlt für die nächste Wahl Merz und Söder. Das kann man machen. Heino darf seine Meinung haben und äußern wie jeder andere auch. Aber ernst nehmen sollte man seine Empfehlung so wenig wie die von Taylor Swift. Letztere singt überragend. Und Heino singt auch. Als Wahlberater*in taugen sie beide nicht. Dazu ist unsere Demokratie zu wichtig. „Just my two cents“.
Ihr
Michael Kausch